Montag, 5. Juni 2006

unheimliche begegnung der sonderlichen art

gestern hatte ich mal nichts auf dem zettel. zeit alte freundschaften zu pflegen hatte ich mir so überlegt und finde mich gesagt getan vor der haustür meines kumpels holger wieder. ich betätige die futuristische wirkende klingel. es ist kein signal zu vernehmen. die sekunden verrinnen. in meinen kummer den weg vergebens gemacht zu haben mischt sich erleichterung das meine getan zu haben, diese freundschaft aufrecht zu erhalten ohne mich seiner zumeist doch sehr anstrengenden gegenwart aussetzen zu müssen. beflügelt von diesem gedanken mache ich auf dem absatz kehrt als sich die tür doch einen spalt weit öffnet. zu früh gefreut. ich drehe mich zur tür aber mehr passiert zunächst nicht.
holger?
ich strecke meinen kopf dem spalt entgegen, als die tür mit einem schlag weit aufgerissen wird. eine hand fasst mich am arm und zerrt mich mit einem ruck ins innere des gebäudes. dort angekommen fällt die tür hinter mir sofort wieder ins schloß. um mich herum ist es fast dunkel. nur ein paar leuchtdioden spenden etwas helligkeit. vor mir erkenne ich eine große gestalt in einem weißen laboranzug mit einer völlig überdimensionierten schutzbrille. der griff um meinen arm löst sich. wenn es auch nicht wirklich schmerzt reibe ich mit der anderen hand unwillkürlich die stelle an der mich die gestalt gepackt hatte.
holger? was zum teufel...?
ach du, joergi... sorry, ich hab dich nicht erkannt
na prima, wie um alles in der welt war dieser verrückte kauz mein freund geworden und warum hatte ich nicht längst den kontakt einschlafen lassen? schließlich war er in all den jahren noch nicht einmal auf die idee gekommen, sich bei mir zu melden.
meine güte, was ist das für ein aufzug? du siehst aus wie dieser bescheuerte doc brown aus zurück in die zukunft
oh, ich bedaure, wenn meine erscheinung nicht der aktuellen mode entspricht. ich war nicht auf besuch eingerichtet...
so etwas sagt dieser mann nicht nur mit dem brustton der überzeugung... er meint es auch wirklich ernst.
...aber wenn du schon mal hier bist...
das klingt nicht wirklich wie eine frage und die art und weise, wie dieser enkel frankensteins mich jetzt über den korridor in eine art wohnzimmer schiebt bildet keine echte diskussionsgrundlage. der raum ist ähnlich schlecht beleuchtet, wie der rest des hauses.
nimm platz er deutet auf ein dreier-sofa rechts neben dem eingang.
ich lasse mich nieder. es ist ziemlich weich und federt stark nach. mein blick wandert durch den raum, soweit man in dem schummerlicht überhaupt etwas erkennen kann. du hast jetzt laminat? bisher hast du immer auf teppich geschworen. wie kommts?
meine frage völlig ignorierend geht er an mir vorbei in die rechte ecke des raums. ich war grad dabei einen letzten test zu starten...
ahja, also mal wieder eine von seinen ebenso verrückten wie völlig unpraktischen erfindungen... er beugt sich über eine art tischventilator der in der äußersten ecke des raumes steht.
egal, was passiert, bleib da sitzen, dann kann dir eigentlich nichts passieren
DANN kann dir nichts passieren. während die worte vor meinem geistigen ohr noch einmal nachhallen, verändert sich die betonung dieses lapidar dahin gesprochenen satzes in unangenehmer weise.
ohne abzuwarten bis es mir gelingt, den in mir aufkeimenden protest auch nur ansatzweise in worte zu kleiden, schaltet er das gerät ein. ein leise surrendes geräusch erfüllt den raum. also tatsächlich nichts weiter als ein ventilator denke ich und grad will die anspannung von meiner schulter steigen als mich etwas am bein berührt. ich bin ansonsten wirklich nicht schreckhaft, aber dieser mehr als seltsame empfang hat mich dermaßen entnervt, dass ich mit fast ersticktem kreischen meine füße in die höhe reiße so weit es nur eben geht. aus dem augenwinkel meine ich mehrere schatten hinter einem wuchtigen sessel in der linken ecke des raumes verschwinden zu sehen. in der nächsten sekunden erfüllt eine beängstigede geräuschkulisse den raum. bedrohliches fauchen, markerschütterndes quieken. mir schießen holgers worte durch den kopf: ...dann kann dir nichts passieren... moment... hatte er "eigentlich" gesagt? egal, das blut ist mir längst in den adern gefrohren. ich wäre sowieso nicht in der lage, mich von der stelle zu bewegen. meinen ganzen körper hat eine gänsehaut überzogen. kalte schauer laufen meinen rücken auf und ab. nach wenigen sekunden hört der infernalische lärm wieder auf. leises knacken und schmatzende laute folgen, dann ist es wieder nur das surren des ventilators was zu hören ist. holger schaltet das gerät ab. mittels einer fernbedienung schaltet er die beleutung des raumes ein. gleißendes licht erleuchtet den raum und fällt auf mein vom schreck und hunderten unbeantworteter fragen gezeichnetes gesicht.
holger hat sich inzwischen die schutzbrille lässig in die stirn geschoben. sein sonst so grüblerischer gesichtausdruck ist einem breiten grinsen, welches sich über das gesamte gesicht erstreckt, gewichen. feist, das war das wort, welches mir nicht gleich einfallen wollte. ein wirklich feistes grinses war es. was immer der inhalt dieser versuchs war, der verlauf scheint meinem kumpel tiefste genugtuung zu verschaffen. als mein verstörter gesichtausdruck auch nach mehreren sekunden noch nicht weichen will lässt sich holger zu einer der für ihn so typischen wortreichen erklärungen herab... ...wollkatzen...
erwartungsfroh blickt er mich an, doch am vollkommen bedeckten himmel meines blickes zeigt sich auch nicht der geringste lichtblick. etwas enttäuscht ob meiner offensichtlich fehlenden kombinationsfähigkeit fügt er schon fast ein wenig gekränkt hinzu ...die natürlichen feinde des wollmäuse. nächste woche lasse ich die produktion anlaufen. damit war das thema für ihn nun aber wirklich ausreichend diskutiert.
der rest meines besuchs dort verläuft weit weniger spektakulär. mit seiner wortkargen, weltfremden, immer wieder völlig abstruse dinge als bekannt vorrausetzenden art, hat er mich bald so weit entnervt, dass ich meinen besuch noch lange vor erreichen der die höflichkeit gebietenden mindestdauer abbreche. dabei lasse ich die ganze zeit den sessel zu meiner linken nicht aus den augen und achte auch bei hinausgehen peinlich darauf, ihm nicht zu nahe zu kommen. im gehen fällt mir ein manuskript auf, das auf einem sekretär im flur liegt ...au0erdem schreibst du auch noch?
jupps
ich hebe das auf dem rücken liegende manuskript an und drehe es in der hand um den titel zu lesen ente al dente - das kochbuch für den modernen kulinarisch versierten junggesellen na denn...

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